Donnerstag, 12. März 2015

Entscheidung zur Prangerwirkung Promifriseur U.W. | Bildveröffentlichung Hostess Eventportal

Ein bisschen Klatsch und Tratsch vom Ku-Damm, live aus Berlin? Nein, höchst interessante Rechtsprechung haben wir hier für Sie zusammen getragen!

Zum einen geht es um die Frage, ob eine Prangerwirkung mit Anspruch auf Unterlassung bereits deswegen anzunehmen ist, weil in einer Berichtserstattung ein Promi-Friseur namentlich benannt wird, obwohl bloß gegen dessen angestellten Filialleiter wegen des Vorwurfs der versuchten schweren räuberischen Erpressung ermittelt wurde. Zum anderen kurz und knapp eine Entscheidung  zu der Frage, ob eine Hostess als nichtprominentes Personal auf einem Promi-Ebent fotografisch abgelichtet und im Nachgang zu dem Promi-Event in der Öffentlichkeit dargestellt werden darf


Zunächst zu unserem Promi-Friseur und der Entscheidung vom BGH, Urt. v. 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13: 

Unser Promifriseur klagt gegen eine Presseveröffentlichung wegen identifizierender Berichterstattung und Prangerwirkung der Veröffentlichung. Der Promifriseur wurde von der BILD-Zeitung in dem von ihr betriebenen Internetportal www.bild.de unter Nennung seines vollen Namens in Zusammenhang mit der Verhaftung seines Filialleiters gebracht. 

So titelte die BILD: "Filialleiter von U W mit `Hells Angels´ verhaftet." Der Name des klagenden Promifriseurs wurde hierbei voll ausgeschrieben. Hintergrund zu dem Artikel war tatsächlich die Verhaftung des Filialleiters B.S. zusammen mit einem Freund und zwei "Hells-Angels"- Rockern wegen des Vorwurfs der versuchten räuberischen Erpressung. 

U.´s Standpunkt: Es könne nicht sein, dass er als Aufmacher für die Berichterstattung herhalten müsse. Er selbst habe doch nichts mit der kriminellen Vereinigung zu tun!

Die Sache ging hoch bis zum BGH. Der Entschied entgegen der Auffassung des Landgerichts Berlin und entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nunmehr in letzter Instanz zugunsten der BILD.

Das Berufungsgericht war noch der Ansicht, die Nennung des Promifriseurs und seines Ladens in Zusammenhang mit der Verhaftung des B.S. sei geeignet, den Betrieb in Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität zu sehen. Dies sei wiederum geeignet, die geschäftlichen Tätigkeiten des Friseurs sowie sein Ansehen insgesamt zu beeinträchtigen. 

Der BGH entschied anders. Zwar sei der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Promifriseurs betroffen. Dies ergibt sich jedoch nicht daraus, indem er namentlich in dem Artikel genannt wurde. Denn: Die Berichterstattung erhob keine Vorwürfe gegen den Promifriseur selbst, sondern lediglich gegen seinen verhafteten Filialleiter. Dennoch wurde ein Eingriff in den Schutzbereich der informationellen Selbstbestimmung bejaht, der Eingriff, so der BGH weiter, sei jedoch nicht rechtswidrig. 

Bei der Frage nach der Rechtswidrigkeit des Eingriffs war insbesondere des Recht des Promifriseurs am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten mit dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Erschwerend kam für den klagenden Promifriseur hier hinzu, dass wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel akzeptiert werden müssen, insbesondere dann, wenn sie "nur" die berufliche Sphäre des Betroffenen tangieren, nicht hingegen den besonders schützenswerten Bereich der Privat- oder Intimsphäre. Der Promifriseur hatte letztlich auch nur vorgetragen, er sei von seinen Kunden auf die Sache "angesprochen" worden. Einen Kundeneinbruch hingegen hat er nicht dargetan. 

Der BGH meint, solche bloßen "Unannehmlichkeiten" seien einem erfolgreich Gewerbetreibenden, der sowieso schon einen gewissen Promistatus vorweist und somit im Umgang mit den Medien vertraut ist, zumutbar. 

Fazit: Da dem Promifriseur kein wirtschaftlicher Schaden durch die Medienberichterstattung entstanden ist und er als medienbekannter Figaro auch mit eher nachteiligen, aber immerhin wahren Presseberichterstattungen umzugehen weiß, hier eine nachvollziehbare Entscheidung des BGH.

Ganz im Gegensatz zu dieser Entscheidung, die uns doch in eine angeregte Diskussion verwickelt hat:

In der Entscheidung BGH, Urt. v. 11. November 2014 - VI ZR 9/14 ging es um die Frage, ob eine Hostess, die auf einem Promi-Event für die Promotion einer Zigarette zuständig war, es dulden muss, im Nachgang zu der Veranstaltung ihr Lichtbild auf einem Eventportal veröffentlicht zu sehen. 

Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Es gibt Ausnahmen nach § 23 Abs. 1 KUG. Eine solche Ausnahme hat der BGH hier angenommen und beruft sich auf § 23 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 KUG.

Es ging vorliegend also um die Frage: Muss der, der auf einem Promi-Event als Nicht-Promi arbeitet damit rechnen, sein Bild am nächsten Tag in den Medien zu sehen?

Der BGH hat entschieden: Ja. Wer auf einem Promi-Event arbeitet und vorher vom Auftraggeber darüber belehrt wurde, dass auch Fotografen vor Ort sind, die die allgemeine Stimmung an diesem Abend fotografisch dokumentieren sollen, derjenige muss auch damit rechnen und es in Kauf nehmen, selbst fotografisch abgelichtet und in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden.

Zu den weiteren Gründen wird in der Entscheidung ausgeführt, die Öffentlichkeit habe ein legitimes Interesse daran, über ein Ereignis der Zeitgeschichte (hier das Promi-Event) informiert zu werden, § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Das Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, welche Gäste solche Events besuchen und wie diese feiern, überwiege das Interesse des Personals am Schutz des eigenen Bildes, § 22 S. 1 KUG. 

Es sei zwar richtig, dass die Hostess kein Promi sei, auch hat sie auf dem Event nicht mitgefeiert, sondern den Gästen Aktionsware in Form von Zigaretten angeboten. Das Interesse der Bevölkerung, so der BGH weiter, erstrecke sich eben auch darauf zu erfahren, ob es Hostessen auf solch einer Veranstaltung gegeben habe und ob den Gästen Zigaretten angeboten wurden. Aha! Ein interessanter Ansatz.

Die Hostess habe aufgrund der zuvor ausgehändigten Informationen ihres Auftraggebers gewusst, dass es sich um ein Promi-Event handele, außerdem seien Fotos der Promotionaktion vom Auftraggeber ausdrücklich erwünscht gewesen, immerhin ein werbewirksamer Effekt für das Zigarettenlabel.

Wir können diese Entscheidung nur zum Teil nachvollziehen. 

Sicher ist es der Presse oder einem Eventveranstalter nicht zumutbar, zwischen Prominenten und dem Personal auf einem Foto zu unterscheiden bzw. das Personal auf einem Foto im Nachhinein unkenntlich machen zu müssen. Diese Auffassung ist zutreffend, sofern das Personal lediglich als "Beiwerk" auf dem Foto auftaucht, z.B. im Hintergrund, vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG.

Wird jedoch das Personal in den Fokus des Fotos gestellt, so ist unseres Erachtens nach die ausdrückliche Einwilligung des Personals in die Veröffentlichung der Lichtbilder nötig. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG kann nicht auf die Darstellung von Mitarbeitern/Personal auf einem Event anwendbar sein. Das Einholen der Einwilligung stellt auch keinen unüberwindbaren Aufwand für die Eventagentur oder die Hostessenagentur dar: Der Passus zur Einwilligung in die Veröffentlichung von Event-Fotos kann simpel in jeden Agenturvertrag oder in die Vereinbarung mit der Hostess ausdrücklich mit aufgenommen werden.

Dass das Zigarettenlabel die Fotos der Promoaktion für sich im Nachhinein als Referenzfotos nutzt, ist die eine Sache. Dass das Foto der Hostess auf einem Eventportal auftaucht, eine andere. Hier wurde offensichtlich nicht sauber genug differenziert. 

An alle Hostessenagenturen und Hostessen daher der Rat: 

Ist zu erwarten, dass auf einem bestimmten Event Fotos- bzw. Filmmaterialien angefertigt werden, und es hierbei zur Ablichtung (auch) des Personals kommen kann, ist es sinnvoll, diesen Umstand ausdrücklich mit den Hostessen zu kommunizieren und vertraglich zu vereinbaren. Für eine konkludente Einwilligung in die mediale Veröffentlichung von Fotos, auf denen Hostessen im Fokus des Bildes stehen, ist unseres Erachtens nach kein Raum. Die Hostessen sollten demnach erklären, mit der Veröffentlichung von Film - und Fotomaterial, auf dem sie abgelichtet sein können, einverstanden zu sein.

Dass die Agentur oder das Zigarettenlabel selbst Bildmaterial zu eigenen Referenzzwecken nutzen können soll (z.B. auf der Internetseite der Hostessenagentur oder auf der Facebookseite des Zigarettenlabels), ist eine zusätzliche, hiervon unabhängige Fragestellung. Die Freizeichnung des Materials zu eigenen Werbezwecken der Agentur oder für den Kunden sollte zu Gunsten der Agentur bzw. des Kunden immer in den Vertrag mit der Hostess aufgenommen werden.

Sollten Sie als Agentur, Hostessenagentur oder Eventveranstalter Ihre Verträge überprüfen lassen wollen, sind wir gerne für Sie da.

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