Freitag, 27. Februar 2015

Diplomiert | Diplom | Zertifikat: Welche Bezeichnungen auch ohne universitären Abschluss genutzt und durch Schulen vergeben werden dürfen.

Regelmäßig treten Arbeitgeber an uns heran, die in den Bewerbungsmappen zukünftiger Arbeitnehmer Zertifikate mit der Bezeichnung "Diplom" finden. Oder Ergänzungsschulen der Aus- und Weiterbildung fragen nach, was genau denn nun auf dem Zertifikat für die Weiterbildungsteilnehmer stehen darf. Welchen "Titel" dürfen Absolventen einer Aus- oder Weiterbildung ohne akademischen Abschluss eigentlich nutzen? 

Wir haben einmal zusammengestellt, welche "universitätsähnlichen" Abschlussbezeichnungen in der Berufswelt vergeben und auch genutzt werden und bei welchen Bezeichnungen Vorsicht geboten ist. 
  
Einsteigen möchten wir in diese Thematik mit der letzten Entscheidung des BGH zur Bezeichnung "Diplomierte Legasthenie - und Dyskalkulie-Trainerin" (BGH, Urteil vom 18.09.2013 I ZR 65/12): Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst, welche Anforderungen an den Begriff "Diplom" zu stellen sind und ob die Nutzung der adjektivischen Form "diplomiert" auf einen universitären Abschluss hindeutet. 

Der BGH meint, es läge keine Irreführung im Wettbewerb vor, wenn auch ohne akademischen Abschluss die Bezeichnung "diplomierte Trainerin" genutzt werde. Nach Ansicht des BGH sei es eher ungewöhnlich, dass ein Diplom-Träger (also mit univ. Abschluss) die Bezeichnung "diplomiert" nutzen würde. 

Der Verkehr erwarte von Diplom-Trägern die Kennzeichnung "Dipl.". Nutze nun jemand im Verkehr anstelle der Bezeichnung "Dipl." das Wort "diplomiert", weise das eher darauf hin, dass ein universitärer Abschluss gerade nicht erlangt wurde. Der Verkehr wird folglich, nach Ansicht des BGH, nicht über die Qualifikationen des Trägers der Bezeichnung getäuscht. 

Diese Entscheidung des BGH ist bereits heiß diskutiert worden und insbesondere in Hinblick auf § 132 a) Abs. 2 StGB nicht in Gänze nachvollziehbar: 

§ 132 a) StGB normiert die Strafbarkeit des Titelmissbrauchs. Wörtlich heißt es dort: 

(1) Wer unbefugt
1.
inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen, akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt,
2.
die Berufsbezeichnung Arzt, Zahnarzt, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Psychotherapeut, Tierarzt, Apotheker, Rechtsanwalt, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter führt,
3.
die Bezeichnung öffentlich bestellter Sachverständiger führt oder
4.
inländische oder ausländische Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen trägt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Den in Absatz 1 genannten Bezeichnungen, akademischen Graden, Titeln, Würden, Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen und Amtsabzeichen der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 4, allein oder in Verbindung mit Absatz 2 oder 3, bezieht, können eingezogen werden.


Besonderes Augenmerk muss hier dem Absatz 2 zukommen, der eine Strafbarkeit auch für das Tragen solcher Bezeichnungen festlegt "die ihnen zum verwechseln ähnlich sind."

Eindeutig entschieden ist etwa die Strafbarkeit nach § 132 a) Abs. 2 StGB für die Verwendung der Bezeichnung: 

  • Diplom-Kosmetikerin
  • Spezialist für Frauenheilkunde
  • Naturarzt
Bei objektiver Betrachtung wird man wohl sagen müssen, dass die Bezeichnungen "Dipl." und "diplomiert" sich sehr ähnlich sind. Universitäre Abschlüsse gibt es zahlreiche, auch seit Abschluss des Bologna-Prozess ist vielen Verbrauchern nicht klar, welche Unterschiede es zwischen den Bezeichnungen "Dipl.", "Ökonom", "B.A." oder "M.A." etc. tatsächlich gibt. Wer als Verbraucher auf der Suche nach einer Dienstleistung ist, kann so schnell den Überblick verlieren. 

Und es liegt sicher nicht fern wenn man dann als durchschnittlich informierter Verbraucher, auf der Suche nach einer Dienstleistung meint, wer damit wirbt, "diplomierter Trainer" zu sein, derjenige wird schon auch einen höheren, gar universitären Abschluss vorweisen können. Die Bezeichnungen sind sich immerhin zum Verwechseln ähnlich. Eine Strafbarkeit nach § 132 a) StGB ist hier sicher in Betracht zu ziehen. 

Eine Irreführung im Wettbewerb hingegen, nach Ansicht des BGH, nicht. 

Zu unterscheiden ist weiter nach § 132 a) Abs. 1 Nr. 2 StGB zwischen geschützten Berufsbezeichnungen und den "freien" Berufsbezeichnungen. Folgende Bezeichnungen sind geschützt (beispielhafte Aufzählung):
  • Arzt
  • Zahnarzt
  • Apotheker
  • Rechtsanwalt
  • Steuerberater
  • Patentanwalt

Nicht geschützt, aber im Verkehr mit Vorsicht zu genießen sind folgende Bezeichnungen:
  • Forscher, Lehrer, Dozent
  • Designer
  • Techniker
  • Schauspieler

Bei diesen nicht geschützten Bezeichnungen kommt es im Rahmen einer Täuschung nach UWG ganz entscheidend darauf an, ob die Bezeichnung den Gesamtumständen nach in einer Art und Weise genutzt wurde um dem Verkehr Glauben zu machen, es läge doch ein akademischer Grad oder eine geschützte Berufsgruppe vor.

Unproblematisch sind hingegen "Zertifikate", etwa für Weiterbildungsmaßnahmen: Sie bescheinigen, dass sich eine konkrete Person zu einem konkreten Zeitpunkt (intensiv) mit einem Thema auseinandergesetzt hat, etwa eine Fortbildung absolviert hat. Sie bescheinigen im Gegensatz zu Zeugnissen nicht, wie erfolgreich der Teilnehmer hierbei war. Ob eine weiterbildende Schule ein Zertifikat ausstellt oder nicht, liegt im Ermessen der Schule. 

Wenn Sie eine Aus- oder Weiterbildung absolviert haben und nicht genau wissen, welche Bezeichnung Sie im Anschluss führen dürfen, wenden Sie sich gerne an uns.

Wenn Sie ein Aus- oder Weiterbildungsinstitut sind und Rechtssicherheit hinsichtlich Ihrer Zertifikate etc. schaffen möchten, beraten wir Sie auch sehr gerne. 

Und bevor Sie darüber nachdenken, über das Internet einen Ehrendoktortitel der "Ufologie" oder des "Exorzismus" zu kaufen, nur so viel: Auch Ehrendoktortitel, die spaßig gemeint sind (z.B. "Dr. h.c. der Unsterblichkeit"), dürfen in Deutschland nicht öffentlich getragen werden.

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