Mittwoch, 26. November 2014

Das Mindestlohngesetz: 10 Fakten rund um EUR 8,50 pro Stunde

Es ist greifbar nahe, das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns - kurz MiLoG. Ab dem 01. Januar 2015 gilt es bundesweit. Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengetragen und beleuchten insbesondere die Regelungen in Hinblick auf die Beschäftigung von Praktikanten. 

Fakt 1: Es gilt in erster Linie für die Beschäftigung von Arbeitnehmern 

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages (Arbeitsvertrag) unselbstständige, fremdbestimmte Dienstleistungen zu erbringen hat.
Typische Arbeitnehmer sind Angestellte und Arbeiter, auch leitende Angestellte. Nicht als Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG gelten Beamte und Richter und Personen, die aufgrund eines Dienst- oder Beratungsvertrages für einen anderen tätig werden, z.B. Anwälte, Ärzte, Architekten. 

Fakt 2: Es gilt nicht für Auszubildende und ehrenamtliche Mitarbeiter 

Auszubildende gehen einem Bildungsverhältnis nach, nicht einem Arbeitsverhältnis. Für sie gilt der MiLo demnach nicht, auch wenn der Azubi bereits volljährig ist.

Fakt 3: Der Mindestlohn beläuft sich auf EUR 8,50 brutto pro Zeitstunde

Fakt 4: Es gibt eine Beschränkung für Langzeitarbeitslose 

Personen, die mindestens ein Jahr vor Antritt ihrer Beschäftigung bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet waren, haben in den ersten sechs Monaten des neuen Beschäftigungsverhältnisses noch keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Fakt 5: Überprüft wird durch den Zoll

Der Zoll, dort die "Finanzkontrolle für Schwarzarbeit" überprüft, ob Unternehmer, Arbeitgeber und Chefs die Regeln zum MiLo auch wirklich einhalten. Unternehmen, die bereits dem Branchenmindestlohn unterfallen (z.B. Lehrinstitute, Mindestlohn für Dozenten und Lehrkräfte), kennen sicher schon die unangekündigten Besuche des Zolls. Diese Kontrollen werden nunmehr auch hinsichtlich der Einhaltung des bundesweiten MiLo durchgeführt. Es bleibt abzuwarten, ob der Zoll diese Aufgabe auch tatsächlich bewältigen kann.

Hält ein Arbeitgeber die Vorgaben nicht ein, drohen Bußgelder und Auflagen.

Fakt 6: Sonstige Sonderregelungen, Ausnahmen, Übergangsregelungen

Folgende Berufsgruppen unterliegen dem Mindestlohn nicht, nicht vollständig oder es wird versucht, eine Übergangsregelung zu finden: Bäcker; Zeitungszusteller: Mindestlohn erst ab 2017, 2015 dürfen Presseverlage um 25% vom MiLo abweichen, 2016 um 17%; Saisonarbeiter und Erntehelfer: Hier darf der Mindestlohn mit etwaig anfallenden Kosten für Kost und Logis in "angemessenem" Verhältnis verrechnet werden. Was unter "angemessen" zu verstehen ist, ist bislang noch nicht geklärt.

Fakt 7: Es gelten Einschränkungen für Praktikanten

Viele Unternehmen haben nahezu panisch auf die Einführung des MiLoG reagiert und Praktikantenstellen kurzum gestrichen. Das ist in solch einer radikalen Form allerdings nicht nötig, denn:

Der MiLo gilt nicht für Praktika, die als Pflichtmodul zu einer Ausbildung oder einem Studium absolviert werden. Auch diese Pflichtpraktika gelten als Bildungs- nicht als Arbeitsverhältnisse. 

Außerdem gilt auch hier: Anspruch auf Mindestlohn hat, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat oder schon einen Berufsabschluss vorweisen kann. Schülerpraktikanten etwa, die während der 9. Klasse ihre Betriebspraktika absolvieren, sind hiervon nicht umfasst.

Freiwillige Orientierungspraktikanten (z.B. Orientierung vor Ausbildung oder Studium) haben erst nach drei Monaten Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Tipp: Handelt es sich um die Absolvierung eines Pflichtpraktikums, kann etwa folgende Formulierung zur Klarstellung im Praktikantenvertrag gewählt werden: 

"§ 2 Vergütung
Eine Vergütungspflicht der Praktikumsstätte entsteht nicht. Es handelt sich um ein Pflichtpraktikum i.S.d. § 22 Abs. 2 Nr. 1 MiLoG begleitend zum XYstudium.
"

Als Praktikant habe ich nur Anspruch auf den Mindestlohn, wenn
  • ich das 18. Lebensjahr vollendet habe oder wenn ich noch minderjährig bin, aber schon einen Berufsabschluss vorweisen kann
  • es sich um ein freiwilliges "Orientierungspraktikum" handelt, unabhängig von Studien-Ausbildungs- oder Schulordnungen oder
  • bei einem freiwilligen Praktika begleitend zu Studium oder Ausbildung, wenn bereits ein solches Praktikumsverhältnis mit derselben Praktikumsstätte bereits bestanden hat
  • und dieses länger als 3 Monate dauert (ab dem 1. Tag des vierten Monats besteht der Anspruch!)
  • es sich auch nicht um ehrenamtliche Arbeit handelt, bei der die Gemeinnützigkeit im Fordergrund steht

Tipp: Bevor das Praktikumsverhältnis beginnt, sollte sich die Praktikumsstätte absichern und einen kurzen Praktikantenvertrag aufsetzen, in dem kurz skizziert wird, aus welchem Anlass das Praktikumsverhältnis zu Stande kommt (studienbegleitend, ausbildungsbegleitend, Orientierung nach dem Abitur etc.), wie lange es dauern soll und was das Lernziel des Praktikums ist (Einblick in den Berufsalltag, Erlernen praktischer Fähigkeiten etc...).

Bei überlangen Praktika kann der Praktikant auch nicht auf seinen Mindestlohn freiwillig verzichten. Eine Klausel im Praktikumsvertrag, die da lauten könnte

"Das Praktikum dauer 9 Monate. Der Praktikant verzichtet freiwillig auf eine gesetzlich vorgesehene Entlohnung ...

ist unwirksam. Das gilt natürlich nicht nur für Praktikantenverträge, sondern für jedes Arbeitsverhältnis.

Fakt 8: Es gilt auch für Minijobber/innen!

Auch Minijobber (geringfügige Beschäftigung, bis zu EUR 450,00 im Monat) haben Anspruch auf den MiLo. Wer nicht mehr als EUR 450,00 im Monat verdienen darf, muss entsprechend in seinen wöchentlichen bzw. monatlichen Arbeitsstunden runtergestuft werden, um die EUR 450,00 nicht zu übersteigen.

Fakt 9: Anpassungsgespräche alle zwei Jahre

Alle zwei Jahre soll eine Mindestlohnkommission über eine Anpassung des Mindestlohnes beraten. 2016 wird diese Kommission zum ersten Mal zusammenkommen, um über eine Anpassung des Mindestlohnes zum 01. Januar 2017 zu sprechen. Für Branchen mit einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag kommt eine etwaige Erhöhung des Mindestlohnes über EUR 8,50 allerdings erst ab dem Jahr 2018 in Betracht, gleiches gilt für die Zeitungszusteller, für die bis Ende 2017 die Übergangsregelung gilt.

Fakt 10: Kein MiLo für Minderjährige

Den Mindestlohn geltend machen kann tatsächlich erst, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Auch hier gibt es allerdings eine Ausnahme, die bereits erwähnt wurde: Diese Regelung gilt nicht, wer zwar minderjährig ist, aber eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann.

Sollten Sie als Arbeitgeber Fragen zur Einführung des Mindestlohnes haben oder möchten Sie ihre Arbeitsverträge oder Praktikantenverträge überprüfen lassen, so wenden Sie sich am besten an einen Anwalt Ihres Vertrauens. Einige Fragen rund um das MiLoG sind derzeit noch ungeklärt, auch im Internet schwirren teilweise abendteuerliche Aussagen zu diesem Thema herum. Gehen Sie auf Nummer sicher, indem Sie konkrete Fragen auch konkret beantworten lassen.

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adesse anwälte, Joachimsthaler Str. 34, 10719 Berlin, Tel.: 030 / 34 74 34 100, info@adesse-anwaelte.de


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