Montag, 22. Dezember 2014

Die Zulässigkeit von Schockwerbung, Wettbewerbsrecht, neues BGH-Urteil

Sie haben eine geniale Werbeidee? Eine Kampagne, die so richtig polarisieren soll? Toll! 
 Doch bevor Sie entsprechende Werbeplakate, Internetbanner oder Facebook-Kampagnen veröffentlichen, sprechen Sie sich, nur der Vollständigkeit halber, zunächst bitte mit Ihrem Anwalt ab.

Denn wenn etwas vermeidbar ist, dann ein Verfahren wegen unzulässiger Werbung. Insbesondere Start-up Unternehmen unterschätzen an dieser Stelle schnell, was in der Werbung erlaubt ist, und was nicht.

Wo hingegen große Unternehmen etwa wettbewerbliche Verfahren mit einkalkulieren, folglich in Kauf nehmen, um ihre Werbeaktion zumindest für einen gewissen Zeitraum platzieren zu können, passiert es kleineren und mittelständischen Unternehmen eher, dass voller Eifer eine "geniale" Kampagne platziert wird, die dann schnell von Mitbewerbern oder Organisationen abgemahnt wird. Und das kann für den Werbenden im Einzelfall richtig teuer werden.


Bekanntestes Beispiel sogenannter "Schockwerbung" aus den 1990er Jahren dürfte das weltbekannte Modelabel Benetton sein, die sogenannte "Benetton-Entscheidung" ist hier legendär: Das Modehaus warb unter anderem in dem Magazin stern mit Werbeanzeigen, auf denen etwa ölverschmutzte Vögel, Kinderarbeiter und ein menschlicher Popo mit einem Stempelabdruck abgebildet wurden, auf dem zu lesen war: "HIV-Positive".

Die Wettbewerbszentrale erwirkte ein gerichtliches Verbot gegen den Verlag der Zeitschrift stern, indem der Abdruck dieser Kampagnen untersagt wurde.

Der Verlag trat hiergegen in den Rechtsstreit und scheiterte zunächst vor dem BGH, das Verbot wurde nicht aufgehoben. Der BGH entschied, dass wettbewerbswidrige Verhalten sei dadurch begründet, indem die Werbekampagnen das Gefühl des Mitleids in extremer Weise zu kommerziellen Zwecken auszunutzen versuchten.

Der Verlag rief hierauf das Bundesverfassungsgericht an. Letztlich wurde das Werbeverbot zu Gunsten der Presse- und Meinungsfreiheit aufgehoben.

Und auch in kleineren Dimensionen versuchen Unternehmen immer wieder, so etwa auch Kanzleien, sich der Schockwerbung zu bedienen.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2014 kassierte nunmehr ein Anwalt eine Niederlage beim BGH. Mit Schockwerbung auf Tassen versuchte jener Anwalt, um Mandanten zu werben. Auf den Tassen wurde ein Mädchen gezeigt. Das Mädchen lag bäuchlings mit freiem Gesäß auf dem Schoß einer Frau, das Entsetzen dem Kind ins Gesicht geschrieben, das Motiv farbig auf der Tasse abgedruckt. Neben dem Bild findet sich der Text "Körperliche Züchtigung ist verboten (1631 II BGB)". Auf der rechten Seite neben dem Bild wiederum stehen die Kontaktdaten der werbenden Kanzlei. 

Die Frage nach der Zulässigkeit dieser Werbung stellte sich nunmehr zuletzt der BGH - insbesondere die Nacktheit des Kindes missfiel den Richtern in dieser "Werbeanzeige". Die Tatsache, dass körperliche Züchtigung von Kindern schon seit geraumer Zeit verboten ist, wozu ja etwa auch das Ohrfeigen gehört, würde neben der Nacktheit des Kindes in den Hintergrund treten. 

Sicherlich ein Extremfall, keine Frage. Aber Schockwerbung scheint zwischenzeitlich immer mal wieder "trendy" zu sein, das wissen auch Hersteller von Verhütungsprodukten, Fahrradhelmen, Kosmetikhersteller und Unterwäschelabels.

Wie gesagt, insbesondere für Start-up´s sowie kleine bis mittelständische Unternehmen ist es im Nachhinein umso ärgerlicher, wenn die Kampagne zwar für einen gewissen Zeitraum Resonanz gebracht und das Unternehmen vielleicht sogar bekannter gemacht hat, dann aber ein zäher und kostenintensiver Rechtsstreit folgt. 

Und es muss nicht immer eine groß angelegte Druckkampagne sein, die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auch Email-Mailings, einmalige Werbeanzeigen in einem Stadtteilmagazin oder auch Kundengeschenke wie eben erwähnte Schock-Tassen sind geeignet, Mitbewerber auf sich aufmerksam zu machen, die sodann den Weg der Abmahnung gegen Sie einschlagen.

Unternehmen binden gerne auch folgende Elemente in ihre Werbung ein, die im Einzelfall eine Abmahnung begründen können:
  • Verwendung fremde Zitate
  • Verwendung von Promi-Fotos (so etwa der Autoverleiher Sixt)
  • Wortspiele wie etwa "Wir liefern Ihre Geschenke nicht vom Amazonas" (so ein Buchhandel gegen ein weltbekanntes Internetportal)
  • Verwendung von Songtiteln und Zeilen, aus einem Song
  • Nachahmung bereits vorhandener Werbekampagnen anderer Unternehmen

Eine Werbekampagne wird in der Regel von langer Hand geplant, Texter, Webdesigner, Grafiker und Fotografen investieren viel Zeit, damit Ihre Werbung die Aufmerksamkeit bekommt, die Sie sich wünschen. Sicherlich ist es ratsam, die ersten Entwürfe einer solchen Kampagne einmal einem spezialisieren Anwalt vorzulegen, um eine etwaige Abmahngefahr vorsorglich abzuklopfen.

Sollten auch Sie im Jahr 2015 eine (polarisierende) Werbeaktion planen, beraten wir Sie gern.

law. by adesse.


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