Montag, 3. August 2015

Firmenvideos und Imagefilm | Rechte von Arbeitnehmern | Veröffentlichung nach Kündigung?

Mehr Klicks auf der eigenen Homepage durch Veröffentlichung eines Imagefilms bei Youtube? Dem Verbraucher das hauseigene Produkt in einem Imagevideo erklären und auf der Webseite nutzen? Seit Jahren gehören Imagevideos zu immer wichtiger werdenden Marketinginstrumenten, sie werden gerne genutzt, um die Auffindbarkeit der Webseite über Youtube und Videoblogs zu pushen. Die Produktion solcher Firmenvideos ist teilweise recht kostenintensiv, die Ergebnisse sprechen aber in der Regel immer für die Unternehmen, die damit auf sich aufmerksam machen wollen. 

Aber was passiert eigentlich, wenn solch ein kostspielig produziertes Imgavideo von einem ehemaligen Arbeitnehmer angegriffen wird, der darauf zu sehen ist und nunmehr Löschung des Videos fordert? Wir haben Ihnen einen Überblick zu dieser Thematik mit Beispielen aus der Rechtsprechung zusammen gestellt: 


Veröffentlichung eines Firmenvideos durch den Arbeitgeber

Im vorliegenden Fall hatte das BAG (Bundesarbeitsgericht) zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet sei, einen Werbefilm, der unter anderem auch den Kläger zeigte, von ihrer Website zu nehmen und eine Verbreitung zu unterlassen. 

Der Kläger war bei der Klägerin als Monteur beschäftigt und hatte durch Unterschreiben einer Namensliste erklärt, mit der Veröffentlichung der Filmaufnahmen zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten einverstanden zu sein. Im Folgenden veröffentlichte die Beklagte einen Werbefilm, in dem der Kläger unstreitig zumindest auf einem Gruppenbild der Belegschaft erkennbar war. 

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrief der Kläger seine erteilte Einwilligung zur Verwendung dieser Aufnahmen und forderte die Beklagte zur Entfernung des Videos auf. Zudem reichte der Kläger Unterlassungsklage ein. Das ArbG Koblenz gab der Unterlassungsklage statt, die Berufung der Beklagten beim LAG Rheinland-Pfalz war erfolgreich, sprich, das Unternehmen wurde in zweiter Instanz nicht mehr verpflichtet, das Zeigen des Videos zu unterlassen. Hiergegen wandte sich der Kläger in der Revision an das BAG. In seinem Urteil ( BAG Urteil vom 11.12.2014 - 8 AZR 1010/13) wies der BAG die Revision ab und gab dem LAG Recht, zu gunsten des Unternehmens.
 
In seiner Entscheidung führte das BAG hierzu wie folgt aus:
 
Maßgeblich für die Entscheidung seien die Regelungen in §§ 22, 23 KUG und nicht das BDSG. Im Rahmen des § 22 KUG sei in solchen und ähnlichen Fällen eine schriftliche Einwilligung grundsätzlich erforderlich. Eine solche lag hier vor. Diese einmal erteilte Einwilligung würde nicht automatisch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlöschen. Der vorliegend erklärte Widerruf der Einwilligung durch den Kläger ist unwirksam. Eine einmal erteilte Einwilligung ist zwar nicht unwiderruflich, allerdings ist für den Widerruf ein plausibler Grund erforderlich, der in diesem Fall nicht vorgetragen wurde.

Datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch aus § 35 II BDSG? Nein, denn dieser ist gesperrt durch das KUG. 

Zunächst führte das BAG aus, dass in diesem Fall die richtige Anspruchsgrundlage für den Unterlassungsanspruch § 1004 I 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG sei. Vorliegend gehe es um die Veröffentlichung und Verbreitung von Bildnissen, welche von § 22 KUG erfasst werden. Daher gehe hier, gem. § 1 III 1 BDSG, das KUG dem BDSG vor und der Anspruch aus § 35 II BDSG auf Löschung sei gesperrt. Allerdings müssten die Regelungen des KUG verfassungskonform ausgelegt werden und hierbei insbesondere die Verfassungsgrundsätze, die bei der Entwicklung des BDSG maßgeblich waren, beachtet werden.

Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 I 2 BGB iVm. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 I, 2 I GG:

Danach darf ein Bild, welches eine Person erkennbar und individualisierbar zeigt, nur mit Einwilligung dieser Person verbreitet werden (§ 22 KUG). Eine Einwilligung ist aber in den Fällen des § 23 KUG entbehrlich, so zum Beispiel wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (§ 23 I Nr. 1 KUG) oder die Person auf dem Bild nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint ( § 23 I Nr. 2 KUG). Eine Einwilligung ist aber dann wiederum nach § 23 II KUG erforderlich, wenn dies durch ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten geboten ist.

Nach Auffassung des BAG fällt auch ein Film unter den Anwendungsbereich des § 22 KUG. Somit hat ein Arbeitnehmer, wenn er in dem Film individuell erkennbar ist, grundsätzlich das Verfügungsrecht über seine Abbildung, selbst wenn die Sequenz nur kurz und unbedeutend ist.
Da zumindest auf der Sequenz mit dem Gruppenbild der Kläger individuell und personalisiert erkennbar war, hat das BAG ihm grundsätzlich das Verfügungsrecht über seine Abbildung nach § 22 KUG zuerkannt. Fraglich war im Folgenden, ob der Kläger wirksam in eine Veröffentlichung eingewilligt hatte.

Im Rahmen des § 22 KUG ist eine schriftliche Einwilligung erforderlich.

Dazu führte das BAG im Folgenden zunächst aus, welche Anforderungen an eine wirksame Einwilligung zu stellen seien. Grundsätzlich sei eine Einwilligung nach § 22 KUG formlos und sogar konkludent möglich. Dies sei aber in diesen Fällen ein erkennbarer Wertungswiderspruch zu § 4 a BDSG, der für eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten außerhalb des § 32 BDSG eindeutig Schriftform verlange. Daher müsse § 22 KUG in diesen Fällen verfassungskonform ausgelegt werden. Dabei betont das BAG, dass ein Arbeitnehmer keine vertragliche Nebenpflicht habe, der Erhebung, Verarbeitung oder Veröffentlichung seiner Daten zuzustimmen. Der Arbeitnehmer darf auch im Arbeitsverhältnis frei über seine informationelle Selbstbestimmung entscheiden. Um der Bedeutung dieses Rechts des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis gerecht zu werden, ergebe eine Abwägung mit den Interessen des Arbeitgebers (hier das Verwendungsinteresse an dem Video), dass „auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Schriftform bedarf“.
Bezogen auf den Fall urteilte das BAG, dass der Kläger durch das Unterschreiben auf der Namenliste sein Einverständnis für die Nutzung der Bilder inklusive ihrer Ausstrahlung gegeben habe. Aus den Ausführungen des BAG an dieser Stelle lässt sich erkennen, dass eine solche Einwilligung vom Arbeitgeber anlassbezogen eingeholt und der Auftrag und Umfang hinreichend genau bezeichnet sein sollte.

Erlöschen der Einwilligung bei Beendigung des Arbeitsverhältnis?
 
Im Folgenden war fraglich, ob die Einwilligung durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses automatisch erlöschen war. Dies verneinte das BAG mit der Begründung, dass die Einwilligung unbefristet erteilt und nicht erkennbar auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses bezogen war. Zumindest in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Bild reinen Illustrationszwecken diene und allgemein die Arbeitsabläufe im Betrieb zeige sowie die typische Belegschaft ohne näheren Bezug zum Einzelnen und somit nicht auf die individuelle Person Bezug nehme, läge keine offensichtliche Beschränkung auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses vor und die Einwilligung würde nicht automatisch erlöschen.

Widerruf möglich, aber nur mit plausiblen Grund
 
Fraglich war dann, ob der erklärte Widerruf des Klägers wirksam ist. Nach Ansicht des BAG ist eine einmal erteilte Einwilligung nicht per se unwiderruflich, allerdings folge aus § 28 I a 1 BSDG, dass ein Arbeitnehmer seine Einwilligung nicht generell jederzeit widerrufen könne. Vielmehr sei hier die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus § 241 II BGB zu beachten. Daher müsse eine Abwägung im Einzelfall erfolgen. Der Arbeitnehmer könne dabei anführen, dass nach seiner Beendigung nicht weiter mit seiner Person geworben werden soll, insbesondere wenn er keine Vergütung hierfür erhalten habe. Maßgeblich sei dabei, ob auf seine Person oder seine Funktion im Unternehmen Bezug genommen wurde oder nur eine allgemeine Darstellung des Unternehmens, bei der die Person und Identität nicht herausgestellt und der Name nicht genannt werde, erfolgt. Auf Seite des Arbeitgebers müsse sein Veröffentlichungsinteresse beachtet werden und dabei insbesondere das wirtschaftliche Interesse an der Verwertung. Daraus folgerte das BAG, dass allein aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine einmal erteilte Einwilligung nicht widerrufen werden kann. Vielmehr müsse der Arbeitnehmer einen plausiblen Grund angeben können, weshalb er nun sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wolle und dies müsse die Interessen des Arbeitgebers überwiegen.

Nach diesem durchaus interessanten Ausflug des BAG in das KUG lässt sich für das Arbeitsrecht folgendes festhalten:
  • Bei der Veröffentlichung von Filmen und Bildern, die Arbeitnehmer zeigen, sollte ein Arbeitgeber vorher eine schriftliche, anlassbezogene Einwilligung eingeholt haben. 
  • Liegt eine solche vor, so darf er das Material - unter den oben genannten Voraussetzungen- grundsätzlich auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nutzen. 
  • Es ist darauf zu achten, dass die Einwilligung keine zeitliche oder anderweitige Begrenzung zum Veröffentlichungsrecht enthält. 
  • Achtung bei der Abbildung von Azubis unter 18 Jahren: Grundsätzlich ist hier auch die Einwilligung der Eltern einzuholen. 
Sollten Sie weitere Fragen zu dieser Thematik haben, sei es als Arbeitgeber, der gerne Videos oder Fotos seines laufenden Betriebes zu Werbezwecken nutzen möchte; sei es, weil Sie sich als Arbeitnehmer gegen die Veröffentlichung einer Abbildung wehren wollen, kontaktieren Sie uns gerne.

law. by adesse. 

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