Mittwoch, 21. September 2016

Rücktritt, Widerruf, Kündigung? Wenn Kunden sich von Verträgen lösen wollen

Immer wieder gibt es Unklarheiten darüber, wie und ob sich Kunden von einem abgeschlossenen Vertrag lösen können. Dabei berufen sich viele Verbraucher nicht selten auf ein vermeintliches Recht, sich binnen „zwei Wochen“ ohne jegliche Zahlungsverpflichtung wieder vom Vertrag lösen zu können. 

Aber stimmt das? Gibt es per se ein 14-tägiges Widerrufsrecht für Verbraucher? Nein. Es handelt sich hierbei um einen Rechtsirrtum, wir klären über die Begriffe Rücktritt, Widerruf, Anfechtung, Kündigung in diesem Post auf:

Diese Verwirrung ist nicht zuletzt den vielfältigen Rechten und juristischen Begrifflichkeiten geschuldet. Um auf etwaige Erklärungen von „Rücktritten“, „Widerrufen“, „Anfechtungen“ oder „Kündigungen“ reagieren zu können, haben wir für Sie die wichtigsten Begrifflichkeiten und deren konkrete Anwendung erklärend zusammengefasst. Welche Möglichkeit wann eingreift, um sich von einem Vertrag lösen zu können, hängt eng mit dem Vertragstyp, Vertragsinhalt und vom konkreten Lebenssachverhalt ab, so dass hier zunächst nur ein allgemeiner Überblick über die Begrifflichkeiten geschaffen werden kann:

DER WIDERRUF






Der Widerruf macht einen Vertrag unwirksam. Ein Widerrufsrecht kann sich aus einem Vertrag oder dem Gesetz ergeben. Also bevor Sie als Kunde mit diesem Begriff arbeiten: lesen Sie den Vertrag, von dem Sie sich lösen wollen einmal ganz genau.
Wird Ihnen ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt? Wenn nein, hilft eventuell das Gesetz weiter:

Das Gesetz sieht mehrere Widerrufsrechte vor, so insbesondere für sogenannte Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge, bei denen das häufig benannte zweiwöchige Widerrufsrecht besteht.Für diese Art von Vertragsabschlüssen ist charakteristisch, dass sich die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss nicht einander gegenüber saßen (Fernabsatz) oder eine besonders ungewöhnliche, nahezu "überrumpelnde" Situation zum Vertragsschluss geführt hat, nämlich das sog. Haustürgeschäft. In beiden Konstellationen will der Gesetzgeber den Verbraucher vor übereilten Entscheidungen bewahren, in solchen und ähnlichen Varianten (z.B. auch Vertragsabschlüsse auf Messen oder am Straßenrand) sieht das Gesetz ein 14-tägiges Widerrufsrecht vor.

Schließt ihr Kunde hingegen in Ihren Geschäftsräumen mit Ihnen einen Vertrag, z.B. einen Kauf- oder Dienstleistungsvertrag, dann liegt keine der zuvor benannten, besonderen Konstellationen vor. Hier gilt der Grundsatz: Verträge sind bindend! Ein Widerrufsrecht per Gesetz soll in diesen Fällen nicht entstehen.


DIE ANFECHTUNG

Die Anfechtung dient der Beseitigung eines meist irrtümlich oder aufgrund von
Täuschung (oder gar böswilligem Verhalten) abgeschlossenen Vertrages. Die Anfechtung wäre beispielsweise denkbar bei der Anmeldung für einen falschen Kurs, wenn der Kunde sich verspricht oder verschreibt. Bei rechtmäßiger Anfechtung gilt der Vertrag als von vornherein nicht abgeschlossen. Dann hat das Unternehmen allerdings einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens.

Die Anfechtung ist nur aufgrund eines der gesetzlich geregelten Gründe möglich, nicht weil der Kunde keine Zeit für oder kein Interesse mehr an der Dienstleistung mehr hat! 

Im Laufe der Zeit haben sich Standardbeispiele herausgebildet, wann ein Anfechtungsrecht greifen können soll, das ist nur in sehr engen Grenzen möglich, z.B. wenn der Kunde sich tatsächlich vertippt, vergreift, verschreibt, verspricht, er bei Vertragsabschluss belogen wurde o.Ä.

DIE KÜNDIGUNG



Die Kündigung ist die dauerhafte Möglichkeit ein laufendes Vertragsverhältnis zu
beenden. Da die Kündigung den Vertragsabschluss nicht ungeschehen macht, muss das vereinbarte Entgelt, Hornorar, Kaufpreis etc. gleichwohl in voller Höhe bis zum Ende der Vertragslaufzeit bzw. bis zu dem Zeitpunkt, zu dem gekündigt wurde, gezahlt werden, was insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen von Bedeutung ist.

Auch hier gilt: Kunden sollten die Vertragsgrundlage schon vor Unterzeichnung gründlich lesen, denn oftmals finden sich in den AGB oder im Vertrag Regelungen zur Kündigung, zu Kündigungsfristen und auch wie die Kündigung eingereicht werden muss. Gerade das Verpassen einer Kündigungsfrist ist ärgerlich!

Die außerordentliche Kündigung ist ein "Härtefall", bei dem ohne Einhalten einer Kündigungsfrist ein Lösen vom Vertrag möglich sein soll. Solche Gründe sind z.B. wenn einer der Beteiligten eklatant oder wiedeholt gegen seine Vertragspflichten verstößt.

DER RÜCKTRITT

Der Rücktritt ist vom Gesetz als Möglichkeit geregelt, sich von einem Vertrag
beispielsweise in Fällen nicht erbrachter Leistungen oder Pflichtverletzungen zu lösen. Auch hier gilt: Ohne einen der gesetzlichen Rücktrittsgründe ist ein Rücktritt nicht möglich.




VERTRAGLICHES

Vertraglich können Rücktritts - oder Stornierungsmöglichkeiten vereinbart werden, dies meist gegen ein vom Kunden zu zahlendes "Reuegeld". Man kennt das etwa im Reisevertragsrecht, wenn der Kunde bei Rücktritt vom Vertrag 30 Tage vor Reiseantritt XY % des Reisepreises zu zahlen hat, bei Rücktritt weniger als 14 Tage vor Reiseantritt dann YZ % des Reisepreises und entsprechend mehr.

Hier gilt es sowohl für Unternehmer, als auch für die Kunden rechtssichere Rücktrittsklauseln zu entwerfen, die je nach Vertragstyp einer rechtlichen Prüfung standhalten und beide Parteiinteressen berücksichtigen.


Sollten Sie Fragen dazu haben wie Sie sich von einem Vertrag lösen können oder wie Sie als Unternehmer gerade diesen Fall über Ihre Vertragsgrundlage begrenzen, sprechen Sie uns gerne an.



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