Montag, 23. Mai 2016

Hochzeit, Umzug, Krankheitsfall in der Familie? - Der arbeitsrechtliche Umgang mit besonderen Situationen

Mit der Frage, unter welchen Umständen und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer Anspruch auf Sonderurlaub hat, beschäftigt sich wohl jeder Arbeitnehmer im Laufe seines Arbeitslebens. Daher soll der folgende Beitrag einen kurzen Überblick über die arbeitsrechtlichen Grundlagen geben und die typischen Ereignisse erläutern.
 
Während sich der gesetzliche Urlaubsanspruch meist unschwer aus dem Arbeitsvertrag entnehmen lässt, ist die Situation wesentlich weniger eindeutig wenn es um sogenannten Sonderurlaub geht. Sonderurlaub bedeutet dabei, dass diese Tage nicht auf die einem zustehenden Urlaubszeit angerechnet werden, sondern darüber hinaus gewährt werden. Dabei ist der unbezahlte vom bezahlten Sonderurlaub zu unterscheiden:



Unbezahlten Sonderurlaub wird nur gewährt, wenn sich eine solche Vereinbarung im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag findet (so zum Beispiel in § 28 TDöV, der Tarifvereinbarung für den öffentlichen Dienst). 

Die gesetzliche Grundlage des bezahlten Sonderurlaubs findet sich in § 616 BGB. Dieser besagt, dass dem Arbeitnehmer trotz Nichterbringung seiner Arbeitsleistung unter bestimmten Voraussetzungen die Fortzahlung des Lohns zusteht.

Daneben finden sich einige gesetzlich geregelte Ansprüche so z.B. der sozialrechtliche Anspruch auf Kinderkrankengeld bei Erkrankung des Kindes ( § 45 Abs. 1 SGB V) oder der Freistellungsanspruch für Tätigkeiten im Betriebsrat (§ 37 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz). Zudem gibt § 629 BGB einen unabdingbaren Anspruch bei Kündigung auf Freistellung zwecks Arbeitssuche.

Da es sich bei § 616 BGB um abdingbares, also "verhandelbares" Recht handelt, finden sich vielfach speziellere Regelungen in den Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen.

Voraussetzung für einen Anspruch aus § 616 BGB ist, dass die Verhinderung zum Einen unverschuldet und zum Anderen aufgrund eines nicht in der Person liegenden Grundes eintritt. Nicht erfasst sind demnach Verhinderungen aufgrund äußerer Umstände wie Stau, Naturkatastrophen, Bahnstreiks und ähnlichen Ereignissen.

Eine gesetzliche Aufzählung der erfassten Umstände fehlt, allerdings gibt es eine Reihe bestimmter Umstände, für die ein Anspruch auf Sonderurlaub allgemein akzeptiert wird. Im Folgenden gibt es einen Überblick über die wichtigsten Fälle:

Hochzeit / Familienfeiern:
für die eigene Hochzeit besteht ein Anspruch auf Sonderurlaub, bei anderen Familienfeiern besteht grundsätzlich kein Anspruch, ausnahmsweise aber für die eigene Goldene Hochzeit.

Religiöse Feste: insbesondere bei Konfirmation oder Erstkommunion wird ein Anspruch grundsätzlich anerkannt, ähnliches gilt für vergleichbare Festtage anderer Religionen.

Geburt eines Kindes: der Anspruch besteht, allerdings grundsätzlich nur bei verheirateten Paaren, es sei denn es ergibt sich aus tarifvertraglichen Regelungen etwas anderes. 

Erkrankung naher Angehöriger: ein Anspruch besteht bei unvorhergesehener Erkrankung, die eine häusliche Betreuung erforderlich macht, sofern keine andersweitige Versorgung möglich ist (beachte: besteht ein Anspruch aus § 45 Abs. 1 SGB V, ist dieser vorrangig). Der Arbeitgeber darf eine Nachweis der Krankheit durch Attest verlangen.

25- und 40- jähriges Arbeitsjubiläum: ein Anspruch ist anerkannt

Arztbesuch: grundsätzlich ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Arzttermine in seiner Freizeit wahrzunehmen, etwas anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer die Lage des Arzttermins nicht beeinflussen kann, der Arbeitnehmer akut erkrankt ist oder die Untersuchung nur zu diesem bestimmten Zeitpunkt stattfinden kann.

Umzug: hier ist zu differenzieren: bei Umzügen aus beruflichen Gründen besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Sonderurlaub, nicht aber bei privat bedingten Umzügen

Wahrnehmung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten: ein Anspruch betseht, insbesondere für Tätigkeiten als ehrenamtlicher Richter, Schöffe oder im Katastrophen- und Brandschutz

Gerichtstermin: handelt es sich um einen Termin in eigener Sache, besteht kein Anspruch auf Sonderurlaub, anders jedoch, wenn das Erscheinen als Zeuge im öffentlichen Interesse steht.

Auch für die Länge des Sonderurlaubs fehlt es an einer gesetzlichen Regelung. Grundsätzlich wird bei den oben genannten Fällen ein Tag Sonderurlaub gewährt, bei Todesfällen auch zwei. Entscheidend sind aber immer die Umstände des Einzelfalls. Fällt das Ereignis in einen Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer sowieso keine Arbeit zu erbringen hat, da er sich z.B. im Urlaub befindet, so wird der Sonderurlaub nicht angerechnet. Dasselbe gilt, wenn die Geburt oder die Hochzeit auf einen Sonntag fällt.
Kein Raum für die Anwendung von § 616 BGB besteht, wenn der Arbeitgeber ein Gleitzeitmodell anbietet.

Im öffentlichen Dienst ist der bezahlte Sonderurlaub in § 29 TDöV geregelt. Die dort erfassten Umstände decken sich aber weitgehend mit den bereits erwähnten. Zudem gilt hier, wie auch sonst bei tarifvertraglichen Regelungen, dass die Freistellung nicht zwingend am Tag des Ereignisses erfolgen muss, es sei denn, dass sich aus der tariflichen Regelung etwas anderes ergibt.
Für Beamte finden sich Regelungen in der Sonderurlaubsverordnungen.

Bevor ein Sonderurlaub genommen wird, sollte dieser immer mit dem Arbeitgeber, auch bezüglich der Länge abgestimmt werden. Wichtig ist für Arbeitnehmer, den Arbeitgeber von den Umständen (soweit möglich) in Kenntnis zu setzen, damit der Arbeitnehmer nicht unentschuldigt am Arbeitsplatz fehlt und damit eine Abmahnung kassiert.

Sollten Sie diesbezüglich noch Fragen haben, setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung.



law. by adesse.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen